Dortmunder Brückenschlag nach St. Andrews Wer sich mit dem Golfsport beschäftigt, kann dies auf vielfältige Weise angehen. Die große Mehrheit kümmert sich um den eigenen Golfschwung, die Ausrüstung und verbringt natürlich so oft es geht die Zeit auf der Range und dem Platz selbst. Aber es gibt auch jene, die sich für die Golfplatz-Architektur interessieren oder gerne die Historie von Golfclubs und Golfplätzen erforschen. Unser Mitglied Klaus-Peter Schulte gehört dazu und fragte sich schon länger, welche Geschichte(n) es wohl zu unserer Brücke am Grün der 18 gibt. Er hat recherchiert und wir sagen ganz herzlich DANKE für den folgenden Artikel: Mit dem Tod von Queen Elisabeth II. im September 2022 ist für viele Menschen eine Ära zu Ende gegangen. Auch für einige Golfer in Dortmund, denn die Wurzeln des Royal Saint Barbara‘s Dortmund Golf Club e.V. sind "very British". 18 Clubmagazine mit dem Titel "Königlich golfen" erinnern daran. Verwurzelt sind wir auch in anderer Hinsicht mit dem Königreich: sprichwörtlich mit einer Replik der berühmtesten Golfbrücke der Welt. Gemeint ist unsere idyllisch anmutende „Golfers’ Bridge“, die den Wassergraben der Teiche zwischen Bahn 17 und 18 überspannt. Ursprünglich existierte hier nur ein einziger Teich, hinter dem direkt ein großer Bunker folgte. Die linke Seites des Teiches ging in unwegsames Gelände über. Diese Zone überbrückte der Club anfangs mit einer Holzkonstruktion, die bei Nässe oft rutschig war. Der legendäre Clubcaptain Ron Coleman des Royal Artillery & Dortmund Garrison Golf Club war mit diesem Zustand nicht glücklich, und so war der Wunsch nach etwas Standfestem geboren. Seit Jahrzehnten schlummert nun eine ästhetische Steinbrücke als robuster Ersatz im Schatten eines Kirschbaums. Selten wird sie von Golfern überquert, doch mehr als 50mal wurde sie im Clubmagazin abgelichtet. Irgendetwas Besonderes muss diese steinerne Platzschönheit offensichtlich an sich haben! Die Chroniken zum 40. und 50. Clubjubiläum geben keine Hinweise zur Entstehungsgeschichte der Brücke, auch nicht zum Alter des Bauwerks, geschweige denn, wer sie geschaffen hat. An der Brücke selber findet sich auch kein Hinweisschild. Stolz ist der Royal Saint Barbara's Dortmund Golf Club trotzdem auf dieses Platzjuwel, denn 7mal schmückte die Brücke sogar die Titelseite des Clubmagazins. Sie ist zweifelsohne eines der schönsten Fotomotive auf dem Platz. Die Royale Steinbrücke liegt - wie ihr Schottisches Original - inmitten des Golf-Geländes und ist genau wie die Swilcan-Bridge nordöstlich ausgerichtet. Foto: K.-P. Schulte: Swilcan Bridge in St. Andrews Wie in St. Andrews, so liegt auch die Dortmunder Replik auf der 18. Bahn. Das ist kein Zufall, denn ihre Schöpfer haben gut recherchiert. Von der Clubterrasse wirkt die Dortmunder Steinbrücke bescheiden. Doch bei näherer Betrachtung erkennt man die künstlerische Handschrift und den hohen konstruktiven Aufwand hinter dem massiven Bauwerk. Die Royale Version in Dortmund ist 11m lang und 2,5m breit. Damit ist sie 2 m länger als ihre berühmte „Mutter“ in St. Andrews. Sie wurde im Stile einer römischen Steinbogenbrücke mit sorgfältig behauenen Werksteinen aus heimischen Ruhrsandsteinbrüchen gefertigt. Wem aber haben wir unsere "Bridge over troubled water" zu verdanken? Des Rätsels Lösung ergab sich aus Hinweisen zahlreicher Altmitgliedern des Clubs. Das Ganze hat sich in etwa folgendermaßen zugetragen: der damalige Clubkapitän Ron Coleman muss schon immer davon geträumt haben, die "Brücke der Brücken" in irgendeiner Form aus dem Home of Golf nach Dortmund zu holen. Am Ende seiner Clubregentschaft schien dieser Traum in Erfüllung zu gehen. Denn der Zufall wollte es, dass 1992 ein Architekt an seine Tür klopfte, um Mitglied im Englischen Golfclub zu werden. Was lag da für Ron näher, als diesen Architekten zu bitten, eine tonnenschwere Golfbrücke als „Mitgift“ beizusteuern. Coleman zeigte sich "very amused", als dieser Architekt seine Zustimmung signalisierte. Sofort unterstützte Coleman seinen Clubanwärter mit großformatigen Fotos der berühmten schottischen Vorlage. Ron Coleman - der Mann mit Bart und dem Blick für schöne Brücken Und so machte sich der Architekt ans Werk, ein schönes Pendant für den royalen Platz in Dortmund zu entwerfen. Die Entwürfe stellte er dem englischen Club unentgeltlich zur Verfügung. Das war tags darauf auch die „Eintrittskarte“ in den englischen Club. Für die Standfestigkeit des Bauwerks konnte das Neumitglied seinen Statiker-Freund Hans Oppermann gewinnen. Ron Coleman sorgte dafür, dass Englische Pioniersoldaten am Brückenstandort den Aushub von Erdmassen trainierten. Zu guter Letzt engagierte der Architekt den Natursteinspezialisten Kleibrink für die Auskleidung der Brücke mit Sandsteinen. Gebrochen wurde der Ruhrsandstein im Herdecker Steinbruchbetrieb Grandi. 1993 war das Brückenprojekt bereits vollendet. Die Steinbogenbrücke steht noch heute, ursprünglicher und schöner denn je. Denn wie ein guter Wein, der über Jahre reift, so haben sich auch die hellen Fugen der Brücke den Farben der westfälischen Landschaft angepasst. Die maßgebende Person hinter dem Brücken-Projekt war der renommierte Architekt Peter Janek. Der Brückendesigner wurde nie angemessen für sein Bauwerk gewürdigt. Das mag daran liegen, dass die Brücke in den letzten Jahren der englischen Clubführung gebaut wurde und der "Royal Saint Barbara's Dortmund Golf Club" kurze Zeit später in deutsche Hände übergeben wurde. Foto K.-P. Schulte: Golfers’ Bridge in Dortmund Warum träumte ein Ron Coleman - und viele andere Golfer des Clubs - von einer Brücke mit Schottischem Bezug auf heimischen Platz? Dazu muss man wissen, dass es sich bei Vorlage zur Dortmunder Einbogenbrücke um die berühmteste Golfbrücke der Welt handelt: nämlich der Swilcan Bridge im schottischen St. Andrews. Sie liegt dort seit mehr als 700 Jahren dezent eingebettet auf dem Links-Gelände des legendären Old Courses. Bei genauer Betrachtung unterscheidet sich die Dortmunder Replik ein wenig von dem berühmten Original. Das geschah auch bewusst, denn Janeks' Version stellt ein Unikat dar, das sich optisch nur leicht an die Swilcan Bridge anlehnen sollte. Wer genau hinschaut, sieht Unterschiede: bei der Royal Saint Barbara Bridge haben die Natursteine eine beige-braune Farbgebung, während das Schottische Original aus gräulichen Findlingen besteht. Die seitlichen Begrenzungsmauern der Dortmunder Version sind eckiger, schmaler und höher ausgebildet. Das Schottische Regenwetter hat die Findlinge der Swilcan Bridge rundlich geschliffen, und sieben Jahrhunderte wurde die Brückenfahrbahn von unzähligen Golfern (und Schafen) ausgetreten. Für dasselbe Erscheinungsbild müssen die Royalen Golfer erst noch millionenfach über die Dortmunder Brücke ziehen. Der Royal St. Barbara hat aber das Glück, weltweit eine der schönsten Repliken der Swilcan- Bridge zu besitzen, noch dazu in exponierter Lage am 18. Grün, und gut sichtbar von der Clubterrasse. Dafür hat Peter Janek viele Stunden am Zeichentisch verbracht. Das Original der Swilcan Bridge hat sich über Jahrhunderte zu einer weltweiten Golfattraktion entwickelt. Jeder, der es im Golfsport zu etwas gebracht hat, ließ sich auf ihr ablichten: Harry Vardon, Bobby Jones, Gary Player und viele andere. Jeder Golfer will sie einmal im Leben überqueren und Fotos knipsen. Nur wenige Golfer eilen über das schottische Original. Die meisten halten in der Mitte einen kurzen Moment inne, um auf ihr zu posieren. Tausende Golfstars überquerten dieses steinerne Nadelöhr über den Swilcan Burn. Davon kann die schöne „Schwester“ des Royal St. Barbara nur träumen. Im Vergleich zur Swilcan Bridge geht es auf dem Dortmunder Unikat nie hektisch zu. Der Dortmunder Brückenbogen hat es noch nicht in den Rang kultiger Golfkulissen geschafft. Im Gegensatz zur berühmten Mutter scheint die Dortmunder Brücke die Stille zu bevorzugen. Kuriositäten blieben an der Originalstätte nicht aus. Ein berühmtes Foto zeigt "Slammin" Sam Snead, wie er auf dieser Brücke einen Stepptanz zum Besten gab. Berühmte Stars haben sich auf der Swilcan Brücke emotional von der Golfbühne verabschiedet, wie z. B. Arnold "Arnie" Palmer, der "Golden Bear" Jack Niklaus oder „The Putter“ Tom Watson. Tiger Woods tat dies im Sommer 2022 eher ungewollt, als er die Brücke überschritt und sichtlich ergriffen seinen Weg zum 18. Grün antrat. Im Jahre 2013 wurde das olympische Feuer über die Swilcan Bridge getragen. Die Dortmunder Schwester wartet noch auf solche Momente. Viele bildende Künstler haben das Schottische Original künstlerisch verewigt. Brücken bildeten schon immer die schönsten Künstlermotive zu unterschiedlichen Jahreszeiten. Das hat uns bereits die Brücke in Giverny bewiesen. Die Dortmunder Brücke wartet noch darauf, künstlerisch umgesetzt zu werden. Eine künstlerische Interpretation der Royalen Brücke auf dem einen oder anderen Artikel, Weinflasche, etc., könnte auch die Dortmunder Golfer stolz machen. Das Herausheben eines Alleinstellungsmerkmals kann nie schaden, denn nicht viele Clubs können so ein Platzjuwel vorweisen. Grafik: Emily Schulte Landschaftlich betrachtet hat die Dortmunder Replik jedenfalls Standortvorteile, denn die Swilcan Bridge steht auf typisch baumlosem Links-Gelände. Mit der Royalen Parklandschaft und ihren abwechslungsreichen Surroundings lassen sich unendlich viele Brückenmotive zu unterschiedlichen Jahreszeiten einfangen. Was die Anzahl an Repliken angeht, so steht der Royal Saint Barbara‘s Dortmund Golf Club weltweit nicht alleine da: zwei Repliken finden sich in Neuseeland. Eine Replik im Waimairi Beach Golf Club in Christchurch und eine zweite im Pahiatua's Golf Club. Ästhetisch sind beide nicht, und eine Ähnlichkeit mit dem Schottischen Original ist auch nicht zu erkennen. Eine gelungene Kopie befindet sich aber im World Golf Hall of Fame Museum in St. Augustine in Florida. Diese Kopie befindet sich Indoor, wird aber niemals eine natürliche Patina annehmen. Darüber hinaus gibt es in den USA noch einige Outdoor Repliken. Eine gelungene Nachbildung befindet sich auf dem Gelände des International World Tour Golf Links in South Carolina, und eine weitere Replik auf dem Royal Links Golf Club in Las Vegas. Eine schöne Replik findet sich auch im Eagle Vines Golf Club in Kalifornien und eine weitere Replik auf dem New Course des Grand Cypress Resort in Orlando. Mit der Dortmunder Nachbildung existieren mindestens acht Repliken weltweit, aber keine ist so originell und einzigartig wie die Version von Peter Janek. Vielleicht werden auf der Royalen Golfbrücke bald wieder mehr Sieger geehrt. Ein Siegerpodest mit einem Hauch von Swilcan-Bridge Atmosphäre ist jedenfalls schon vorhanden. Was noch fehlt ist ein dezentes Hinweisschild an der Brücke mit dem Namen ihres Architekten, denn in diesem Jahr hat die Brücke 30 Jahre „auf dem Buckel“.